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DWA-Audit „Überflutungsvorsorge – Hochwasser und Starkregen“

Veranstaltung mit Leuchtturmcharakter: Stadt hat ihre Hausaufgaben gemacht.

Warum brauchen wir Hochwasservorsorge? Unwetter werden häufiger und heftiger, Hochwasser- und Starkregenereignisse nehmen allerorts zu, begleitet von exorbitant hohen Schäden nicht nur monetärer Art, sondern auch für Leib und Leben, so die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA). Eine neue Regionalstudie des Deutschen Wetterdienstes bestätigt Beobachtungen von Klimaforschern: Die Abstände zwischen extremen Niederschlagsereignissen in Bayern werden immer kürzer, berichtete jüngst der Bayerische Rundfunk. Aber wie können wir uns hier vor Ort vor Schäden schützen, vor Ereignissen, die nur selten auftreten, sich aber häufen können?

Zu Gast in Forchheim war Prof. Dr.-Ing. Thomas Ackermann (9. v. re.) von der Hochschule München. Der Umweltgutachter und Diplomgeologe Daniel Müller (8. v. li.) war der zweite Fachmann der DWA im Audit. Zwei Tage lang führten die beiden DWA-Auditoren vor Ort eine eingehende Anhörung und Befragung zu allen Details der Vorsorgemaßnahmen für Hochwasser- und Starkregenereignisse durch. Im Bild die zahlreichen Teilnehmer*innen. Foto: Stadt Forchheim

Um diesen Fragen nachzugehen hat die Stadt Forchheim als erste Kommune in Oberfranken am 24. und 25. Juni 2024 zum DWA-Audit „Überflutungsvorsorge – Hochwasser und Starkregen“ einberufen: Die durch den Freistaat Bayern zu 75 Prozent geförderte Veranstaltung diente dem Informations- und Erfahrungsaustausch und der Aussprache zwischen verschiedenen öffentlichen Akteur*innen der Stadt sowie Fachleuten, die im Falle eines solchen Katastrophenereignisses zuständig sind.

Zu Gast in Forchheim war Prof. Dr.-Ing. Thomas Ackermann von der Hochschule München mit den Fach- und Aufgabenbereichen Umwelttechnik (Schwerpunkte: Klimawandelfolgen und Adaptation, Regenerative Energien, Nachhaltigkeit) und Wasserbau (Schwerpunkte: Hydrologie, Wasserwirtschaft, Hochwasserschutz, konstruktiver Wasserbau). Der Umweltgutachter und Diplomgeologe Daniel Müller von der R+V Allgemeine Versicherung AG aus Wiesbaden, Experte für Risikoeinschätzung im operativen Geschäft, war der zweite Fachmann der DWA im Audit.

Zwei Tage lang führten die beiden DWA-Auditoren vor Ort eine eingehende Anhörung und Befragung zu allen Details der Vorsorgemaßnahmen für Hochwasser- und Starkregenereignisse durch. Julia Schrade, die Wassermanagerin der Stadt Forchheim hatte diesen intensiven Erfahrungsaustausch angestoßen: „Ich freue mich über die große Bereitschaft und das Engagement aller Beteiligten, den Hochwasserschutz der Stadt Forchheim gemeinsam anzupacken und mit ihrem Wissen und ihrer Expertise aktiv beizutragen!“

Am Audit nahm Oberbürgermeister Dr. Kirschstein zusammen mit seinen Referats- und Amtsleitungen aus der Stadtverwaltung aus allen Fachbereichen teil. Der Einladung zum Austausch von Expertenwissen folgten zudem Vertretungen aus den Stadtratsfraktionen der CSU, der SPD und der FGL, der Ortsbeauftragte des THW, Christian Wilfling, Kreisbrandrat Oliver Flake, Abgesandte der Feuerwehr Forchheim und zahlreiche Fachleute aus dem Gesundheitsamt Forchheim, von den Stadtwerken Forchheim und vom Wasserwirtschaftsamt Kronach sowie ein Vertreter des Schwedenkraftwerks.

Aus den unterschiedlichen Blickwinkeln der Anwesenden ergab sich ein Gesamtbild zum aktuellen Stand der Vorsorge im Stadtbereich. Oberbürgermeister Dr. Uwe Kirschstein resümierte: „Unser zweitägiges Audit mit den Experten des DWA hat auf jeden Fall Leuchtturmcharakter für andere Kommunen in Oberfranken: Wir wollten uns in diesem ersten Schritt darüber klar werden, wie unser aktueller Status aussieht und was noch zu tun ist! Wir haben in diesen zwei Tagen viel gelernt und sogenanntes „Schwarmwissen“ ausgetauscht. Vor dem Thema Hochwasser und Starkregen wollen wir nicht die Augen verschließen, nun wissen wir ein Stück mehr, was wir zur Vorbereitung auf Extremereignisse tun können!

Ein wichtiges Ziel der Zusammenkunft wurde sofort erreicht: Alle beteiligten Akteur*innen haben im Anschluss an das Audit denselben Wissensstand. Auf dieser Basis können die Auditierten Entscheidungen zur Verbesserung der Überflutungsvorsorge ableiten. Aber auch weitere Ergebnisse der Tagung zum Status Quo in der Stadt stimmen auf jeden Fall hoffnungsvoll: „In Forchheim haben wir ein Starkregenthema, kein Flusshochwasserthema: Die Risiken sind ganz gut bekannt, die Stadt hat ihre Hausaufgaben gemacht. Es herrscht ein guter Standard und es gibt erfolgreiche Ansätze!“, fassten die DWA-Experten als erstes Ergebnis des Audits zufrieden zusammen.

Anhand der gesammelten Daten der Teilnehmenden ergab sich, dass die Stadt auf ein sog. „hundertjähriges Hochwasser“ schon jetzt sehr gut vorbereitet ist - z.B. im Bereich der Wasserableitungssysteme, im baulichen Bereich, mit der Trinkwasser- und Energieversorgung im Notfall, mit Rückhalteflächen und mit einer vorsorglichen Bauleitplanung.

Das Augenmerk, so die DWA-Fachleute, müsse ausgehend von dieser sehr guten Basis nun auf der Vorsorge von Sturzfluten liegen, die noch extremer ausfallen können – wenn auch möglicherweise erst in 200 Jahren oder auch gar nicht. Tatsache ist, die Risiken sind da und werden statistisch gesehen auch zunehmen. Das bedeutet, es sind für Starkregenereignisse Maßnahmen zu ergreifen und es ist Vorsorge zu treffen – immerhin liegt nach Aussagen der Auditoren die Wahrscheinlichkeit, ein Extremhochwasser zu Lebzeiten zu erleben, inzwischen bei 55 Prozent.

Die Stadt Forchheim nimmt das Szenario jedenfalls sehr ernst und befindet sich, was nach Meinung der beiden DWA-Experten durchaus selten ist - schon aktiv in den Vorbereitungen für Extremereignisse: Die Vergaben für den Hochwasserschutz Kersbach werden im aktuellen Planungs- und Umweltausschuss des Stadtrates beraten, sodass schon nach der Sommerpause die ersten sichtbaren Bauarbeiten zum Schutz des Stadtteils vor extremem Starkregen starten können. In anderen Stadtteilen greifen die städtischen Vorsorgemaßnahmen schon, beispielsweise in Burk, wo das Abflusssystem über den Schlehenbach und seine Teichketten seine Schutzwirkung bei Starkregen entfalten kann. Dazu kommt die Verrohrung aus dem Eselsberg unter der ehemaligen B470 in das Regenrückhaltebecken Dorfäcker.

Grundsätzlich werden im baulichen Bestand der Stadt die Themen „Flächenentsiegelung“ und „Schwammstadt“, „Stadtklima“ und die Auflagen in ausgewiesenen Überschwemmungsgebieten vom Stadtrat und den städtischen Fachplaner*innen genau unter die Lupe genommen und auch aktiv angegangen. In der Planung für neue Baugebiete (z.B. in Buckenhofen, Reuth und Kersbach) werden regelmäßig z.B. Überschwemmungsgefahren, Hanglagen und die Fließwasserrichtung berücksichtigt sowie Rückhaltebecken und die Ableitung von Wasser in die Bauleitplanung aufgenommen.

Ein sehr wichtiger Aspekt bleibt dennoch die freiwillige Vorsorge jedes einzelnen Haushaltes, die der Gesetzgeber vorsieht: Die Stadt Forchheim möchte hier selbstverständlich Hilfestellung geben, so wird die Stabsstelle Wassermanagement zukünftig die Öffentlichkeitsarbeit zum Hochwasser- und Starkregenschutz verstärken. Julia Schrade betont: „Vorsorge ist freiwillig, und dennoch ein wichtiges Thema! Wir möchten all die mit wichtigen Informationen unterstützen, die Eigeninitiative ergreifen und ihr Hab und Gut in Eigenverantwortung schützen möchten. Mit zusätzlichen Informationen helfen wir gerne bei der wichtigen Überlegung, wie Eigenvorsorge sinnvoll und individuell getroffen werden kann! Entsprechende Unterlagen werden im Nachgang an das Audit zusammengestellt und veröffentlicht.“

Oberbürgermeister Dr. Uwe Kirschstein bedankte sich bei Wassermanagerin Julia Schrade für die Vorbereitung des Treffens und bei allen, die zum Audit gekommen waren: „Die Teilnahme an einem Audit ist der erste wichtige Schritt zur sicheren Vorsorge für unsere Stadt: Mit der Befragung über Organisationsstrukturen, Verantwortlichkeiten, Fach- und Entscheidungskompetenzen werden Verfahren, Prozesse und erforderliche Mittel für die verschiedenen Felder der Hochwasservorsorge sowie für den Katastrophenschutz geklärt. Ich danke allen, die sich zwei Tage Zeit genommen haben und mit ihrer Expertise so engagiert für das Gelingen dieser notwendigen Veranstaltung beigetragen haben!“

Die abschließende Bewertung mit Handlungsstrategien wird von der DWA in schriftlicher Form noch folgen. Die Stadt Forchheim erhält eine Urkunde und ein Protokoll mit Informationen zum konkreten Handlungsbedarf, zu festgelegten Kommunikationswegen im Krisenfall, Check- und Maßnahmenlisten und die Ergebnisse des Erfahrungsaustauschs, die in den Hochwasserschutz der Stadt Forchheim einfließen werden.