Mit diesen Gedanken können sich ab sofort alle auf die interaktive Reise in die jüdische Vergangenheit der Stadt Forchheim begeben: An 30 Stationen im Forchheimer Stadtgebiet wird mit dem „Jüdischen Pfad“ die lokale jüdische Geschichte Forchheims in ihrer ganzen Intensität sichtbar: Anhand von vielfältigen persönlichen Lebensgeschichten zeigt der „Jüdische Pfad“ die menschliche Bandbreite jüdischen Lebens in der Stadt, das tatsächlich schon im Mittelalter begann und 1944 mit der Deportation der letzten Jüdin ausgelöscht wurde. Die kleine jüdische Gemeinde lebte im friedlichen Miteinander mit der christlichen Einwohnerschaft. Mit der „Machtergreifung“ Hitlers 1933 war es für die jüdischen Mitmenschen mit der Sicherheit und dem Frieden vorbei, jüdische Geschäfte wurden boykottiert, Unternehmen arisiert, Menschen jüdischen Glaubens waren Schikanen und Verfolgungen ausgesetzt. In der Reichspogromnacht 1938 wurde die Forchheimer Synagoge geschändet und zerstört, jüdische Mitbürger*innen misshandelt. Wer nicht rechtzeitig noch ins rettende Ausland flüchten konnte, wurde ab 1941 deportiert und in den Konzentrationslagern ermordet – dies traf 14 jüdische Personen in Forchheim.
Heute führt der „Jüdische Pfad“ zwei Geschichten in der Stadt Forchheim zusammen, erklärt der Historiker Rolf Kießling, Autor der Broschüre „Stolpersteine in Forchheim“ zur Eröffnungsfeier: 14 „Stolpersteine“ zur Erinnerung an die Ermordung der jüdischen Mitbürger*innen gibt es heute. Getragen von einem breiten bürgerschaftlichen Engagement initiierte Emmerich Huber maßgeblich mit Kießling die Stolpersteinverlegungen – 2018 die erste mit dem Künstler Gunter Demnig. „Viele Menschen halten diese Form der Erinnerung für sinnvoll und notwendig“, so Kießling, „jeder Stolperstein steht für einen konkreten Menschen, für ein ganzes Leben, das willentlich ausgelöscht worden ist!“
Zu dieser wichtigen Erinnerungskultur kommt der „Jüdische Pfad“ als weiterer Baustein hinzu. Er führt analog und digital überwiegend durch die Altstadt Forchheims an ehemalige jüdische Wohnorte und erzählt umfassend recherchierte Geschichte und Geschichten. Als erste Orientierung kann im Internet unter der Adresse www.juedischer-pfad.de die Website zum Jüdischen Pfad aufgerufen werden. Vor Ort in Forchheim sind die 30 Stationen mit kleinen Schildern und QR-Codes markiert. Susanne Fischer, Leiterin des Pfalzmuseums Forchheim, erklärt: „An den 30 Stationen befinden sich kleine Täfelchen an den entsprechenden Häusern, in denen jüdisches Leben stattfand. Mit dem Smartphone können Sie auf die QR-Codes gehen, damit öffnet sich eine Website, auf der die Geschichten, die Fotos, die Audios hinterlegt sind.“ Alternativ gibt es die gedruckte Broschüre „Jüdischer Pfad in Forchheim“, die kostenlos im Pfalzmuseum und in der Touristinformation in der Kapellenstraße 16 in Forchheim erhältlich ist. Alle Texte und Audios stehen auch in Englisch zur Verfügung.
Was in Forchheim mit dem „Jüdischen Pfad“ heute erlebbar ist, hat wahrlich Aktualität, wie Susanne Fischer betont: „Die Erschaffung des „Jüdischen Pfades“ ist heute wichtiger und aktueller denn je und die Brisanz der Ereignisse hat uns in den eineinhalb Jahren seiner Gestaltung buchstäblich rechts überholt. Versuchen wir, das damalige Grauen zu erfassen und die Gefährlichkeit zu erkennen, die heute wieder im Raum stehen, indem wir das Wissen um das Geschehene zeigen und damit auch unsere Werte und letztlich unsere Demokratie zu verteidigen helfen!“
Bürgermeisterin Dr. Prechtel zeigte sich auf dem Empfang zur Eröffnung des „Jüdischen Pfades“ beeindruckt von der Konzeption und schnellen Umsetzung: „Mein Dank geht an Susanne Fischer für dieses überzeugende und beeindruckende Projekt, das in der relativ kurzen Zeit von 1,5 Jahren entstand und an alle Gestalterinnen und Gestalter!“ Susanne Fischer gab den Dank weiter: „Entstanden ist ein wichtiges Stück Erinnerungskultur in Forchheim - umgesetzt werden konnte es nur mit vielen engagierten und kompetenten Helfer*innen und Mitstreiter*innen!“
Alle, die ihren Anteil an der Realisierung des „Jüdischen Pfads“ hatten, waren zur Eröffnung in der Kaiserpfalz geladen: Unter anderen die Hausbesitzer*innen, die sich bereit erklärten, die Täfelchen an ihren Gebäuden anbringen zu lassen. Stadtrat und Sponsor*innen, die großzügige finanzielle Unterstützung gaben, Bürgermeisterin Dr. Annette Prechtel selbst, die die Umsetzung des Projektes förderte und inhaltliche Akzente setzte. Rolf Kießling, der profunde Kenner der jüdischen Geschichte Forchheims, der wertvolle Anregungen zur Konzeption gab und die Broschüre zu den Stolpersteinen verfasste. Dominik Scholz (go4u.de Webdesign, Forchheim) der die QR-Codes programmierte und die nutzerfreundliche, einfach zu navigierende Website www.juedischer-pfad.de einrichtete, die Grafiker Kurt Neubauer und Nina Beckert (Grafikatelier Neubauer, Nürnberg), die für die grafische Gestaltung der Täfelchen, der Website und der Broschüren verantwortlich zeichnen. Simon Michael Schmitt (Great Hall Studio Ebermannstadt), der die Audios mit professionellen Sprechern (u.a. Sven Waasner) in seinem Tonstudio produzierte. Die Forchheimer Agentur Wiegärtner Visuals, die die Animation der Synagoge und die visuelle Darstellung der Mikwe übernahm und damit eine Vorstellung vom Aussehen dieser Bauten gab. Dr. David Branston und Martina Wesler vom Pfalzmuseum Forchheim, die die Texte ins Englisch übertrugen. Die Forchheimer Druckerei Streit, die die insgesamt vier Broschüren in hoher Qualität druckte.
Irene von Fritsch begleitete die Eröffnungsveranstaltung in der Kaiserpfalz stimmungsvoll auf dem Cello mit den Werken von Johann Sebastian Bach und den jüdischen Komponisten Joachim Stutschewsky und Ernest Bloch. Im Anschluss wurden die Gäste über den „Jüdischen Pfad“ geführt.