„Das Wissen und die Technik hinter einer vielfältigen und traditionsreichen Form der Bewässerung wird erhalten und fortgeführt, dazu haben sich insbesondere die Mitgliedsländer des Internationalen Zentrums für Traditionelle Bewässerung Italien, Österreich, Schweiz, Luxemburg, Belgien, Niederlande und Deutschland mit ihren Trägergruppen verpflichtet. Die Nutzen der Traditionellen Bewässerung sind gerade in Zeiten des Klimawandels gefragter denn je. Wässergräben sind strukturbildend, biodiversitätsfördernd, verbindend. Die Wässerwiesen binden in erheblichem Maß Kohlenstoff und dienen somit dem Klimaschutz der Stadt Forchheim. Die Wässerung selbst fördert darüber hinaus auch den Landschaftswasserhaushalt und schafft wertvolle Schwammlandschaften“, freut sich Julia Schrade, Wassermanagerin der Stadt Forchheim, ehemalige Projektmanagerin des Wässerwiesenprojekts im Landkreis Forchheim. Denn auch klimatisch profitiert die Stadt Forchheim immens von den über 200 ha bewässerten Flächen auf dem Stadtgebiet und die Trinkwasserversorgung der Stadtwerke Forchheim wird durch die Grundwasserneubildung erheblich unterstützt.
„Großer Dank gebührt in besonderem Maß den Wässernden und Landwirten Markus Galster aus Gosberg und Karin Endres aus Serlbach, die diese besondere Bewässerungstechnik insbesondere im Stadtgebiet von Generation zu Generation weitergeben und lebendig halten. So kommen die Interessen der Landwirtschaft, Wasserwirtschaft und des Naturschutzes erfolgreich zusammen“, freuen sich Forchheims Oberbürgermeister Dr. Uwe Kirschstein, Bauamtsleiter René Franz und Diplombiologe und Stadtrat Johannes Mohr, der das Vorhaben seit über 30 Jahren am Landkreis Forchheim federführend unterstützt hatte, unisono.
„Die Entscheidung der UNESCO zeigt, wie wichtig es ist, sich über Ländergrenzen hinweg für die nachhaltige Nutzung unserer natürlichen Ressourcen einzusetzen. Die Traditionelle Bewässerung ist ein lebendiges Erbe, das einen entscheidenden Beitrag dazu leistet, die biologische Vielfalt unserer Kulturlandschaften zu erhalten. Ich gratuliere allen, die sich für den Erhalt dieser Kulturtechnik stark machen, zu ihrem Erfolg“, erklärt der Vizepräsident der Deutschen UNESCO-Kommission Christoph Wulf.
Durch die Nutzung der Schwerkraft werden bis heute landwirtschaftliche Flächen bewässert. Bewässerungsgemeinschaften leiten Wasser aus Flüssen und Kanälen auf Felder und Wiesen um. Dafür werden vorübergehend kleine Gräben ausgehoben oder das Wasser aufgestaut, um künstliche Überläufe zu schaffen. In Deutschland ist diese Form der Bewässerung unter anderem entlang der Flüsse Rednitz, Regnitz und Wiesent in Franken sowie im Gebiet der Queich in Rheinland-Pfalz bis heute lebendig.
„Der Prozess der Bewerbung war mit einem regen Austausch zwischen den Trägergruppen in Europa, gegenseitigen Besuchen und dem Entstehen persönlicher Freundschaften verbunden. Dies stärkte das Bewusstsein für diesen gemeinsamen kulturellen Schatz, den es zu bewahren gilt. Gleichzeitig reifte die Erkenntnis, dass die Traditionelle Bewässerung nicht nur in der Vergangenheit eine existenzielle Bedeutung hatte, sondern auch wesentlich zur Lösung von gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen beitragen kann, wie zum Beispiel beim Hochwasserschutz, beim Klimaschutz, beim Landschaftswasserhaushalt und beim Schutz der Biodiversität. Wir sind glücklich, dass Deutschland mit gleich zwei Regionen an diesem Eintrag beteiligt ist“, betont der Koordinator der Interessengemeinschaft Queichwiesen Pirmin Hilsendegen.
Die Traditionelle Bewässerung basiert auf einem umfassenden Verständnis der Landschaft, des Wasserflusses und der Wetterbedingungen. Dieses Wissen bezieht alle natürlichen und technischen Faktoren ein und wird von Generation zu Generation weitergegeben. Dazu zählen etwa Kenntnisse über den Bau und die Wartung von Kanälen, Gräben und Rinnen, Erfahrungen zu Bewässerungszeiten und -mengen sowie über die Richtlinien zur Wasserverteilung, die in sogenannten Wasser- oder Kehrordnungen zusammengefasst sind.
„Die Traditionelle Bewässerung ist eine Quelle der regionalen Identität und der kulturellen Erinnerung. Wässerwiesen als Zeugnis jahrhundertelanger Anpassungen an einen steten Wandel sind lebendige Beispiele für ein ausbalanciertes Gleichgewicht zwischen Natur und Mensch und sind ein Wegweiser für nachhaltiges Handeln heute und morgen“, erläutert Roland Lindacher, der beim Landkreis Forchheim für die Wässerwiesen zuständig ist.
Diese nachhaltige und auf Kooperation basierende Form der Wasserversorgung dient dazu, trockene Gebiete zu kultivieren. Neben dem landwirtschaftlichen Nutzen hat die Technik auch positive Effekte für die Biodiversität. So entwickeln sich in den wechselfeuchten Wiesen kleinteilige Strukturen mit großer Artenvielfalt. In Deutschland bieten diese Kulturlandschaften etwa dem Weißstorch Nahrung und Lebensraum.