Auch die Stadt Forchheim bringt sich aktiv und personell in den Expertenaustausch ein: Julia Schrade, Stabstelle Wassermanagement der Stadt Forchheim, ist Sprecherin der DWA-Arbeitsgruppe und wird inhaltlich und fachlich durch Christina König, Archäologin und stellv. Museumsleiterin des Pfalzmuseums unterstützt. Die Schnittpunktexpertise zu den Wässerwiesen wird von Dipl.-Biologen Johannes Mohr, der zuvor am Landratsamt Forchheim die Thematik "Wässerwiesen" voranbrachte, gemeinsam mit Julia Schrade eingebracht.
Julia Schrade fasst die zweitägige Arbeitssitzung zusammen: "Ich freue mich, dass so ein hochkarätiges Expertenteam aus Professoren und Experten aus ganz Deutschland den Weg nach Forchheim gefunden hat, um inhaltlich und produktiv an diesem bedeutenden Themenband mitzuwirken. Mit der Fertigstellung des DWA-Themenbandes ist bis Ende 2025 zu rechnen."
Die traditionelle Wiesenbewässerung in und um Forchheim prägt das Landschaftsbild im Unteren Wiesenttal seit über 600 Jahren. Eine ökologisch wertvolle Anwendung von Technik und Wissen in einer kulturhistorischen Landschaft, die mit ihren Querbauwerken nicht nur auf Begeisterung stößt. Dabei gewinnen neben der Ertragssicherung der Landwirte die Ökosystemdienstleistungen wie Biodiversität, Artenschutz, Hochwasserschutz, Grundwasseranreicherung und Kohlenstoffsenke dieser Feuchtwiesen an erheblichen Stellenwert unter den Einflüssen des Klimawandels.
Franken ist eine der zwei Regionen, neben den sogenannten Queichwiesen bei Landau in der Südpfalz, die aktiv bei der multinationalen Antragstellung zur Anerkennung der Traditionellen Wiesenbewässerung als Immaterielles Kulturerbe der Menschheit bei der UNESCO mitgewirkt haben - mit einem Ergebnis ist Ende 2023 zu rechnen.
Sehr viele unserer Gewässer sind über einen langen Zeitraum hinweg technisch manipuliert und mit zum Teil großem Aufwand unterhalten worden, etwa im Zuge des Mühlenwesens respektive der Wasserkraftnutzung, der Wiesenbewässerung, der Entwässerung, der Flößerei und Holztrift, der Binnenschifffahrt und der Teichwirtschaft. Darüber hinaus wurden zahlreiche Bäche an die Ränder der Auen verlegt, um für die landwirtschaftliche Nutzung Fläche zu schaffen. Auch die seit Jahrzehnten praktizierten "Renaturierungen" folgen jeweils zeitgenössischen Vorstellungen und vermeintlich finalen Erkenntnissen. Die meisten unserer Fließgewässer, aber auch sehr viele Auen, sind also kulturell überprägt, tragen Geschichte in sich. Bei der Anzahl und den Streckenverläufen dürften die künstlichen Fließgewässer - Kanäle und Gräben - die ursprünglich natürlichen übertreffen. Sehr viele Fließgewässer sind konstitutive Elemente der Kulturlandschaft, gehören mithin mit unterschiedlicher Prägnanz zu unserem kulturellen Erbe, sind Denkmale im engeren oder im weiteren Sinne.
Der unzweifelhaft hohe oder auch noch zu diskutierende Denkmalwert baulich veränderter und neu gebauter Gewässer steht auf den ersten Blick gegen die gesetzlich per EG-WRRL (Europäische Wasserrahmenrichtlinie) eingeforderte Verbesserung der ökologischen Funktionsfähigkeit. Gibt es trotzdem eine Handhabe, dem Denkmalwert gerecht zu werden? Die Konflikte auf diesem Feld sind virulent und verlangen nach einem intensiven Austausch zwischen Wasserwirtschaft, Naturschutz und Denkmalpflege.
Dieser Austausch findet in der Anfang 2023 neu gegründeten DWA-Arbeitsgruppe "Denkmale in Gewässern" statt. Die Arbeitsgruppe ist innerhalb des Fachausschuss "Ökologie und Management von Flussgebieten" und dieser wiederum im DWA-Hauptausschuss Gewässer und Boden angesiedelt. Von 18. - 19. Juli 2023 traf sich die Arbeitsgruppe zu einer Hybridveranstaltung im Rahmen ihrer 3. Arbeitsgruppensitzung.
Der DWA-Themenband wird die Denkmalelemente an Gewässern und Auen benennen und in ihren historischen und gegenwärtigen Bedeutungen betrachten und herausarbeiten. Darauf aufbauend werden die jeweils zu beteiligenden Träger und Institutionen bei Planungsvorhaben gelistet und ein Ausblick auf Praxisbeispiele hinsichtlich der Erhaltung dieser Denkmalelemente mit unterschiedlichen Herangehensweisen beschreiben.
Abgerundet wurde das 3. Arbeitsgruppentreffen durch eine Forchheimer Stadtführung mit Besichtigung des Wasserschlosses und fand ihren Höhepunkt bei der aktiven Wässerung durch den 1. Bauherrn Markus Galster aus Gosberg und Alfons Postler beim gemeinsamen Ziehen der sogenannten Nadeln des europaweit noch einzigen Nadelwehres bei Kirchehrenbach.