„Das Interesse der jungen Studenten am Forchheimer Rathaus war riesengroß“, freut sich Claudia Stumpf rückblickend. Jede Menge Fragen hätten die angehenden Kunsthistoriker gestellt, zur Baustellen-Einrichtung, zur Logistik einer solchen Großbaustelle, was nötig ist und beachtet werden muss, damit auch ein Rädchen im Zeit- und Arbeitsablauf perfekt ins andere Rädchen greift.
Wie wichtig es ist, dass solch ein Mammutprojekt auch in allen Bevölkerungsschichten Akzeptanz findet, stellte Stumpf am Beispiel des Forchheimer Rathauses heraus: „Die Bürger müssen mitgenommen werden“, sagte Stumpf. Beim sogenannten Instawalk, einem kreativen Fotospaziergang, bekamen Instagramer in Forchheim die Chance, einen exklusiven Blick hinter die Rathaus-Baustellenkulisse zu erhaschen und ihre Eindrücke mit Kamera oder Smartphone festzuhalten. Es ist geplant, die Motive anschließend open-air auszustellen und so die Fußgängerzone zur Freiluft-Galerie werden zu lassen. Sobald es die Sicherheitsvorschriften zulassen, sind auch Baustellen-Führungen für die Bevölkerung geplant.
„Corona macht das Studieren nicht unbedingt leicht“, meinte Dr. Doris Fischer, „meine Studenten sitzen nur noch zuhause am Rechner und haben oftmals den Bezug zu einer richtigen Baustelle verloren“. Umso interessanter sei es für die Studenten, „live und in Farbe“ vor Ort in Forchheim zu sein und vom Untergrund bis hinauf in luftige Höhe Baustellen-Luft zu schnuppern. Denn gerade hier oben, hoch über den Dächern der Stadt, war die Begeisterung der Studenten besonders spürbar, darüber dass der Dachstuhl des Forchheimer Rathauses mit seinen mächtigen Balken aus dem Jahr 1402 im Original erhalten ist. Statiker Bernd Mittnacht beschrieb dabei anschaulich das Tragwerkskonzept und wie der Dachstuhl des Rathauses ertüchtigt wird.
Beim Blick in den großen Rathaussaal, dessen neogotische Ausstattung vollständig erhalten ist, mit dem prächtigen fränkischen Parkett meinten die Studenten unisono: „Das gibt es nur noch sehr selten in Europa.“ Wie meisterlich die Zimmermannsarbeiten sind, davon konnten sich die Studenten im Magistratsbau überzeugen: Ist er doch ein sogenannter „reiner Zimmermannsbau“, der inklusive der Gestaltung der Innenräume wie der historischen Bohlenstube, quasi aus einer Hand von der Fassade bis zum Traggerüst ausgeführt wurde.
Restaurator Harald Spitzner machte auf die Besonderheit der Gebäudegruppe aufmerksam, wurden hier doch drei Häuser aus verschiedensten Epochen zu einem Gesamt-Rathaus-Ensemble zusammengefügt.
Dass sich Historie und Moderne künftig wunderbar zusammenfügen wurde beim Rundgang deutlich: Durch den Bau eines neuen Treppenhaustraktes schafft man den Spagat der vergangenen Jahrhunderte hinein in eine barrierefreie Neuzeit.
Dr. Doris Fischer, die als Direktorin der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten vorsteht, zeigte sich beeindruckt ob des historischen Hintergrunds des Forchheimer Rathauses, der Geschichte wie in einem aufgeschlagenem Geschichtsbuch lebendig werden lässt. Von den archäologischen Funden, die bis ins 7. Jahrhundert zurück reichen, über den Vorgänger des Rathaus-Baus als einstige große Markthalle bis hin zum Rathaus, das nach den Sanierungsarbeiten zum „Haus der Begegnung“ werden wird: „Das erlebt man sehr selten in seiner beruflichen Laufbahn, dass man das Glück hat so eine Baustelle vor sich zu haben“, so die Kunsthistorikerin.