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Neujahrsansprache des Oberbürgermeisters

Stadtratssitzung 27.01.2022 (P.1), Aula der Ritter-von-Traitteur-Schule, Egloffsteinstr. 43, Forchheim

Es gilt das gesprochene Wort.

Oberbürgermeister Dr. Uwe Kirschstein Foto: Sabrina Friedrich

 

Meine sehr verehrten Mitglieder Stadtrats,
liebe Kolleg*innen der Stadtverwaltung,
sehr geehrte Damen und Herren,
verehrte Gäste,

 

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) kann zweifelsohne zu einem der größten Dichter und Denker hierzulande gezählt werden. Goethes Weg nach Forchheim ist leider nicht überliefert, aber immerhin ist verbrieft, dass er während seiner Italienreise 1829 unsere Partnerstadt Rovereto besuchte. Und von Rovereto ist es ja nicht mehr weit bis nach Forchheim.

Aber auch abseits der Literatur hatte sich Goethe um viele Erkenntnisse verdient gemacht. Vertreter*innen der bildenden Kunst ist er ebenso ein Begriff, so geht doch auch die Farbenlehre auf Goethe zurück. Goethe betrachtete die Farben weniger im Sinne Newtons (1643-1727), der sich zuvor auf die Suche nach Ursache und Zusammensetzung des Lichtes begab, sondern beschäftigte sich mehr mit der Farberscheinung, also dem Sinn der Farbe.

So beschrieb er z.B. die Erkenntnis, dass ein schwarzer Gegenstand auf weißem Grund ungefähr ein Fünftel kleiner wirke als im umgekehrten Fall. Aber auch bestimmte Assoziationen werden den Farben zugeordnet, so ist die Farbe blau eine „entschiedene Farbe“ – im Gegensatz z.B. zu neutralen Farben. Wir alle verbinden bis heute bewusst oder unbewusst bestimmte Assoziationen mit Farben, die auch in unsere Sprache Einfluss genommen haben.

„Ich mache blau.“ Definitiv ein Ausdruck von Freude bzw. Vorfreude auf den Tag bzw. die Vermeidung von vermeintlich unliebsamen Tätigkeiten, die sonst geplant waren. Blaumachen ist neben den Tugenden wie Verbindlichkeit, Fleiß und Strebsamkeit durchaus auch positiv besetzt.

„I feel blue.“ Das ist nicht etwa die einfache englische Übersetzung. Hier wird der Zustand höchster Traurigkeit, Niedergeschlagenheit bis hin zur Depression beschrieben.

Ein Gemütszustand, der insbesondere in den Wintermonaten November bis Januar verstärkt spürbar ist. Das in unseren Breitengraden oft triste, neblige und kalte Wetter wirkt dem auch nicht entgegen.

Manchmal ist dies auch die Zeit Abschied zu nehmen. So möchte ich auch gerne an die erinnern und ehren, die heute leider nicht mehr unter uns sind. Wir wollen gemeinsam einen kurzen Moment innehalten. An dieser Stelle möchte ich auch in Erinnerung rufen, dass wir genau heute den Holocaust-Gedenktag begehen und damit den Opfern des Nationalsozialismus gedenken wollen. Im Nachgang an dieses Gedenken möchte mit Ihnen gemeinsam den Verstorbenen der Stadtverwaltung Forchheim ein ehrendes Andenken bewahren und bitte Sie sich von Ihren Plätzen zu erheben.

<TOTENGEDENKEN>

Erinnerungen finden wir auch in der Musik. So wird Melancholie mit Musik sogar leichter, weil wir unseren Gefühlen bewusster werden können oder dürfen. So steht die Farbe Blau Pate für eine ganze Musikgattung – den Blues.

Der Blues prägte ganze Generationen von Musikern. Das Genre gilt als Stimme der afroamerikanischen Gesellschaft der USA in einer Zeit, in der Rassentrennung herrschte und die Musik die Menschen zueinander führte. Trotz aller Melancholie und widriger Umstände empfinde ich die Idee, durch Musik Trennendes überwinden zu wollen als sehr beruhigend und wohltuend. Vielleicht sollten wir auch heute wieder mehr Musik miteinander machen?

Ich stelle leider vermehrt fest, dass unsere Zivilgesellschaft unentspannter, ja sogar gereizter, wirkt. Der sprichwörtliche Ellenbogen wird häufiger ausgefahren und das eigene Wohl über das Gemeinwohl gestellt. Eine äußerst bedenkliche Entwicklung.

Es wird versucht, den eigenen Gewinn und wirtschaftlichen Fortschritt für sich zu verbuchen und etwaige Ausgaben bzw. Aufwendungen auf die Allgemeinheit abzuwenden. Das reicht von umfangreichen Staatshilfen für Privatunternehmen, die in wirtschaftliche Schieflage geraten sind, bis zur achtlos weggeworfenen Zigarettenkippe. Irgendwer wird das dann schon aufräumen. Daher bin ich voller Dankbarkeit Ihnen gegenüber, da wir uns gemeinsam zum stets zum Wohle unserer Stadt engagieren. Dies ist keine Selbstverständlichkeit und dafür gebührt Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, mein Dank.

Lassen Sie uns gemeinsam den blauen Winterhimmel genießen, die Sonne kehrt zurück und ganz bald erwacht auch wieder die Natur.

Wie die aufgehende Sonne steht sinnbildlich inzwischen auch die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt auf deutlich positiven Vorzeichen. An dieser Stelle ein Dank an alle, die daran beteiligt sind und auch waren. Insbesondere früheren Müttern und Vätern der Stadt, die seinerzeit schon die richtungsweisenden Entscheidungen getroffen hatte, gebührt mein Dank. Davon profitieren wir heute. Gleichzeitig sei aber auch erwähnt, dass zahlreiche Sondereffekte eine Rolle spielen, die uns heute in diese komfortablere Lage versetzt haben. Ausgehend von einer guten Basis ist zu erwarten, dass die Sondereffekte nicht dauerhaft tragen. Wie lange dies so ist, können wir nicht ernsthaft und verlässlich prognostizieren. Daher ist es das Gebot der Stunde, in unsere Infrastruktur zu investieren und Schulden kontinuierlich abzubauen, damit künftige Generationen von uns keine Hypothek auf die Zukunft übergeben bekommen.

Dank Ihrer Unterstützung in den letzten fünf Jahren konnte z.B. der Schuldenstand halbiert werden. Allein dies erzeugt durch die wegfallenden Zinsbelastung ein dauerhaftes Plus im Ergebnishaushalt von fast 1,5 Mio. €. Zur Erinnerung, dieses Plus betrug vor gerade einmal acht Jahren nur rund 4.000 €.

Vergangene Woche haben wir den Stellenplan beraten und beschlossen. Dafür noch einmal mein herzlicher Dank auch im Namen der Kolleg*innen für Ihre Unterstützung. Nächste Woche beraten wir den Haushalt 2022, der gemäß Entwurf nochmals gegenüber dem Vorjahr angewachsen ist – sowohl im Ergebnis - als auch im Finanzhaushalt und mit beeindruckenden 72,3 Mio. € im Investitionsplan
allein für das Jahr 2022.

Das neue Jahr beginnt so, wie das alte aufgehört hat – mit Vollgas in die Zukunft Forchheims. Allein der Umstand, dass diese Ansprache eigentlich die Jahresschlussansprache gewesen wäre, zeigt wie gut gefüllt unsere Sitzungen mittlerweile sind. Lange Tagesordnungen sind keine Seltenheit mehr, in Sondersitzungen beschäftigen wir uns intensiv mit einzelnen Themenkomplexen. Was in dieser Woche im Bundestag als „Orientierungsdebatte“ besonders gelobt wird, leben wir in Forchheim schon seit Jahren vor. Der politische Diskurs ist schließlich der Kern demokratischen Ringens um die besten Lösungen. Dieser Diskurs wird in Forchheim stets mit Respekt und Anstand geführt. Auch dafür danke ich Ihnen. Niemand hat gesagt, dass unsere Aufgabe einfach sei.

Lassen Sie uns einander unterhaken, lassen Sie uns besonnen agieren. Nur gemeinsam können wir die Herausforderungen der Zukunft verlässlich lösen. Dies hilft auch dabei, die aufkeimende Spaltung und den schwelenden Hass zu überwinden. Lassen Sie uns mehr Gemeinschaft vorleben. Ich freue mich auf 2022, auf die anstehenden Aufgaben und auf die weiterhin konstruktive Zusammenarbeit mit Ihnen! Der Januar war bereits bis jetzt schon gut gefüllt mit wichtigen Sitzungsterminen und der Arbeitsmodus, den wir gefunden haben, verspricht auch weiterhin ein gedeihliches Miteinander zum Wohle unserer Stadt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und lassen Sie uns nun gemeinsam inhaltlich in diese Sitzung und damit offiziell in das Jahr 2022 starten.


Kontakt:
Dr. Uwe Kirschstein
Oberbürgermeister der Stadt Forchheim
Schulstr. 3
91301 Forchheim
09191-714-211
09191-714-370
0177-2435819 (mobil)
uwe.kirschstein@forchheim.de