Die Überflutungen und Hochwasser an Ahr, Erft und Wupper haben in diesem Jahr auf dramatische Weise die Folgen von zunehmendem Extremwetter aufgezeigt. Neben Hitzewellen und Sommertrockenheit werden in unseren Breiten kleinräumige Starkregen die Herausforderung bei der Anpassung an den Klimawandel sein. Ein anderer, an die veränderten Klimabedingungen angepasster Umgang mit Regenwasser ist notwendig.
In der 5. Schwerpunktveranstaltung der Reihe „Stadt-Klima-Wandel 21“ wurde Praxisbeispielen aufgezeigt, wie Regenwasser von Dachflächen wieder in den natürlichen Wasserkreislauf zurückgeführt wird. Es dient der Versorgung von „Grüner Infrastruktur“, als kühlende Verdunstungsquelle oder speist letztlich das Grundwasser und muss nicht im Kanalrohr „verschwinden“. Diplom Geograph Holger Müller von der Planungsgruppe Müller, Fronhausen, führte mit seinem Team durch ausgewählte Beispiele im Forchheimer Stadtgebiet:
„Die Philosophie, Regenwasser vom Schmutzwasser zu trennen und in immer größer werden Rohren schnell in die Flüsse abzuführen, ist Denken der 70er, 80er Jahre. Mit dem Klimawandel und der Zunahme der Extremwetterereignisse und hat uns das in eine Sackgasse geführt.“
Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz
Schon vor 15 Jahren wurde die Zielsetzung, „Versickerung von Regenwasser vor Ort“ beim Neubau des Standortes Forchheim des heutigen Klinikums Forchheim-Fränkische Schweiz umgesetzt. Das Niederschlagwasser der Dachflächen wird, unsichtbar unter dem Patientengarten, in sog. Versickerungsrigolen wieder in den Wasserkreislauf zurückgeführt. Thomas Müller, technischer Leiter des Klinikums erklärte:
„Dadurch spart das Klinikum jährlich über 6300€ an Einleitungsentgeld für Regenwasser“.
Neben dieser „nachhaltigen Regenwassernutzung“ wurden seinerzeit schon die Dächer begrünt und Dachgärten angelegt. Als Bonus glänzt das Klinikum noch mit einer Betonkernkühlung, die Gebäude und Einrichtungen durch Grundwassernutzung aus eigenen Brunnen kühlt.
Gut „Boderschneider“
Am neuen erbauten Gut „Boderschneider“ von Sabine Hoffmann wurde ein ganz anderer Weg des Umgangs mit der Ressource Regenwasser gewählt: Auf dem Aussiedlerhof, zwischen Burk und dem Pilatuscampus gelegen, wird das gesammelte Regenwasser der Dachflächen von 580m² in einen 350m³ fassenden Verdunstungs- und Versickerungsteich mit Biotopcharakter geleitet.
Der Starkregenüberlauf, des mit Lehm abgedichteten Teiches, mündet in der sandigen Ackerfläche. Vom Team der Planungsgruppe Müller wurden in der Überlaufzone Bodenproben gezogen und bewertet. Holger Müller erläuterte:
„Regenwasser so zu verdunsten und bei Starkregen in solche Böden mit besten Versickerungsbedingungen einzuleiten - besser geht nachhaltige Regenwasserbewirtschaftung nicht!“
Dieser Methode, Sammelteiche für Niederschlagswasser von Dachflächen als Verdunstungs- und Kühlflächen zu nutzen, wird in innovativen städtebaulichen Klima-Konzeptionen auf Campus- und Gewerbeflächen eingesetzt, um damit den Stadtraum im Sommer natürlich zu kühlen.
Der eigene Garten
Als drittes Beispiel wurde die Versickerung durch den Oberboden in Flachmulden demonstriert. Bei dieser einfach umzusetzenden Methode wird eine flache Mulde ausgehoben und anschließend mit Mutterboden und Grassoden oder Rollrasen wieder so bedeckt, dass eine flache, max. 30 cm tiefe Bodenmulde entsteht. Abhängig von ermittelten Versickerungsverhältnissen, wird für diese Mulden etwa 10 – 15 Prozent der angeschlossenen Dachfläche benötigt. Die genaue Berechnung erfolgt nach den Vorgaben der Deutschen Vereinigung Wasserwirtschaft DWA-A 138. Holger Müller führte die Vorteile aus:
„Eine einfache und problemlose Form der Regenwassernutzung in eigenen Garten. In simpelsten Fall eine Arbeit für einen Tag am Wochenende. Normale Regenmengen versickern unmittelbar, eine Nutzung als Spiel- und Freizeitfläche ist weiterhin gegeben. Starkregenwasser ist nach spätestens 15 Stunden versickert. Vorteile dieser Form der Regenwassernutzung: die sehr preiswerten Erstellungskosten (faktisch in Eigenleistung erstellbar), Versorgung des schattenspendenden Baum- und Gartenbewuchses mit kostenfreiem „Beregnungswasser“, Kühleffekt im Sommer durch die Kaltluftbildung und, bei Nachweis des Anschusses aller Dach- und Versiegelungsflächen, eine Minderung der Einleitungsentgelte. Wird dieser Form der Regenwasserbewirtschaftung bei der Beplanung von Neubaugebieten umgesetzt, vermindern sich natürlich die Planungs- und Erschließungskosten für das Trennleitungssystem der Regenwasserableitung. Für junge Baufamilien kein geringer Betrag“.
Das besuchte Gartengrundstück ist in der Kartierung der Stadtwerke als „Boden mit geringer Versickerung“ ausgewiesen, wies aber bei der Bodenprofilprüfung eine mehr als ausreichend Versickerungsfähigkeit auf. Verhältnisse die gemäß Kartierung in Forchheim für einen Großteil der Wohnlagen zutreffend sein dürften.
BN-Vorsitzender Dr. Ulrich Buchholz kommentierte: „Wer heute sein Regenwasser noch in den Abfluss leitet, vergibt die Möglichkeit, Wasser und damit Kosten zu sparen!"
Zudem dankte Buchholz für die Unterstützung der Stadt. Das BN-Projekt „Stadt-Klima-Wandel 21“ wird mit Mitteln des Bayrischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz gefördert.